Gemeinsam mit einer Delegation der Transatlantic Friends of Israel des American Jewish Comittee durfte ich nach Litauen reisen. Organisiert von der österreichischen Botschafterin Yvonne Toncic-Sorinji und der israelischen Botschafterin in Litauen Hadas Wittenberg Silverstein fanden umfangreiche Gespräche mit Vertretern der litauischen Regierung sowie Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Organisationen, bzw. Institutionen für Zeitgeschichte und Erinnerungskultur statt. Die Rolle der litauischen Bevölkerung bei der großflächigen Ermordung der litauischen Jüdinnen und Juden soll neu beleuchtet werden und auch das Thema Erinnerung soll durch diverse Projekte gefördert werden. In Planung ist eine Neuaufstellung des jüdischen Museums sowie eine Kontextualisierung der Gedenkstätten in Paneriai und Trakai.
Die Geschichte der Jüdinnen und Juden Litauens beginnt im 10. Jahrhundert. Während der Zeit der Kreuzzüge wuchs die Gemeinde durch den Zuzug von aschkenasischen Jüdinnen und Juden aus den deutschsprachigen Gebieten, bzw. slawischen und baltischen Ländern. Jüdische Gemeinden erhielten über die Jahrhunderte hinweg weitgehende Autonomie in inneren Angelegenheiten. Ab dem 17. Jahrhundert wurde Litauen zu einem der Zentren des Ostjudentums und der jüdischen Kultur. Wilna, das heutige Vilnius wurde als Jerusalem des Nordens bezeichnet. 1940 wurde Litauen von der Sowjetunion annektiert. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion besetzte die Wehrmacht Litauen im Juli 1941. Nach einem halben Jahr waren fast alle der 220.000 Jüdinnen und Juden Litauens tot. Nur 10.000 überlebten den Holocaust. Im ganzen Land finden sich 227 Erschiessungstätten, die litauische Bevölkerung hatte sich großflächig an der Ermordung beteiligt. Die jüdischen Besitztümer wurden unter den Litauern versteigert. Die Debatte um eine Gedenk- und Diskussionskultur zu diesem Thema ist nun im Gange.