Am Judenplatz

Ein Tag mit Michal Herzog

Ich hatte das große Privileg im Rahmen des Staatsbesuchs des israelischen Präsidenten Itzhak Herzog auch einen Tag mit der First Lady des Staates Israel zu verbringen.
Michal Herzog ist eine bemerkenswerte Frau. Sie ist Anwältin und hat ihren Mann Itzhak, den 11. Präsidenten Israels, während der Militärzeit kennengelernt. Zuletzt war sie im Vorstand einer Firma tätig, die sich für die Förderung von Corporate Responsibility Themen und die Entwicklung verantwortungsvoller Managementstandards einsetzt. Bei ihrem ersten Besuch in Wien trafen wir uns in der Wipplingerstraße zunächst zu einem kurzen Blick in die Mohren-Apotheke, eine der wenigen in ihrer Ausstattung erhaltenen Apotheken mit einer Geschichte, die in das Mittelalter zurückreicht. Am nahegelegenen Judenplatz mit dem Shoah-Mahnmal von Rachel Whiteread ging es um die Erzählung der Wiener jüdischen Gemeinde im Mittelalter. Bei der Errichtung des Shoah Mahnmals wurden die Fundamente der 1421 zerstörten Wiener Synagoge entdeckt. Damit konnte auch das Leben der jüdischen Gemeinde im Mittelalter noch intensiver beforscht werden. An der Rückseite des Platzes befindet sich das so genannte Misrachi Haus, in dem seit den 1960er Jahren die zionistisch-religiöse Misrachi Österreich eine Synagoge und einen Jugendclub (Bnei Akiva) betreibt. Deren Rabbiner, Rav Joseph Pardess, begrüßte Frau Herzog, Celine Rodgold, die Gattin des scheidenden israelischen Botschafters und mich auf dem Judenplatz. Gemeinsam mit ihm besuchten wir die Fundamente der mittelalterlichen Synagoge und die Dauerausstellung über das Jüdische Leben in Wien im Mittelalter im Museum Judenplatz.

Unser Spaziergang führte über den Hohen Markt, wo wir über den Vermählungsbrunnen und den Ort, wo die berühmt Salonière Fanny von Arnstein lebte, der verschwundenen jüdischen Geschichte nachspürten, zum Stadttempel in die Seitenstettengasse. Oberrabbiner Engelmayer und IKG Präsident Deutsch begrüßten uns, Oberrabbiner Engelmayer versorgte unseren Gast mit vielen Details zu dieser einzigen Wiener Synagoge, die während des Novemberpogroms 1938 nicht völlig zerstört wurde. Danach besuchten wir die Orte, an denen sich bis 1938 im zweiten Bezirk prachtvolle Synagogen befanden, allen voran der Leopoldstädter Tempel. Besonders beeindruckt war Frau Herzog über unser Gedenkprojekt OT, das Lichtzeichen in Form eines verbogenen Davidsterns des Künstlers Lukas Kaufmann, das seit 2018 an insgesamt 25 Standorten der zerstörten Wiener Synagogen an die Geschichte und die verlorene Architektur erinnert. Ich freue mich, dass ich mit unserem gemeinsamen Eintauchen in die österreichisch-jüdische Geschichte bei Michal Herzog die Lust auf mehr von Wien und Österreich wecken konnte. 

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